Freitag, 24. September 2010

Der Zombie, sein Berg und Bielefeld.

Jetzt ist schon wieder ein Zeiterl vergangen. Und ich habs gar nicht gemerkt. Nicht dass Ihr jetzt denkt, mich hätt der Space Invader eingefangen. Nein, nein. So schnell kriegt er mich nicht. Irgendwie ist des sowieso eher ein langsamer schleichender Invader. Der zeigt sich net so offen. Mehr so Resident Evil - wir werden alle zu Zombies - mäßig. Aber net mit mir. Ich werd kein Zombie.

Wie werden die eigentlich alle so zu Zombies? Das ist doch eigentlich ein ganz spannendes, pulsierendes Land?

Also. So ganz genau weiß ich des auch noch nicht. Des ist ja auch net so eine offensichtliche Angelegenheit. Da geht keiner rum und beisst die Leute. Kein Blut. Kein Rumgespritze. Und Spucken darf man hier auch net. Sowieso so sauber zum vom Boden essen hier, da kann auch kein Virus nix ausrichten. Da würdst du gleich eingsperrt. Da kennt er nix der Japaner.
Ein wichtiger, wenn auch sehr subtiler Punkt - weswegen ich auch momentan noch äußerst Zombie immun bin - die Arbeit. Erstmal und immer. Vielvielvielzuviel. Und aber am Allerwichtigsten im Leben. Totale Aufopferung. Für jeden Japaner. Und natürlich ganz wichtig, dass jeder Eine hat. Eine Arbeit. Und dann den ganzen Tag. Bis hinein in die Nacht. Egal wie stumpfsinnig. Meine zwei Lieblingsjobs hier sind ja Folgende. Aufgeführte. In ihrerer Stumpfsinnigkeit auf jeden Fall Anwärter auf die zombieskesten Arbeiten der Welt. Aber ob des ned auch was für Deutschland wär...

1. Der Jediritter
An jeder Straßenecke stehen sie, in jeder Parkausfahrt, an jedem 2. Fußgängerüberweg, sowieso jeder Baustelle, jeder irgendwie gearteteten, möglicherweislichen Gefahrenstelle. Auch auf dem Berg oder am Meer. Egal wo. In der Stadt und in der Natur. Sie haben grundsätzlich eine Uniform. Also offenes zur Schau stellen der eigenen Wichtigkeit. Irgendwie hat hier eh jeder eine. Entweder Uniform oder Anzug halt, aber das ist ja auch Uniform. Sonst bist halt nix. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte. Ich bin so schron wieder so abschweifend. Jedenfalls der Jediritter. Neben der Uniform natürlich immer auch schöne Leuchtstreifen überall und dann ganz wichtig, das Leuchtschwert. Eins oder zwei, auf Dauerlicht oder blinkend, über dem Kopf geschwenkt oder elegant aus dem Handgelenk geschüttelt. Was wäre die Welt ohne Euch ihr Ritter ohne Tadel, ihr Retter der Jugend, ihr Edlen unter den Edlen. Ihr Tapferen unter den Tapferen. Ich glaub ja immer noch die sind alle vom Geheimdienst. Oder halt von den Space Invaders. Oder beides. Auf jeden Fall immer alte Männer.









Und ich sag Euch eins. Vor nichts fürchtet sich der Jedi. Dafür ist er ja ein Ritter... Wobei eins. Eins gibts dann doch. Da stockt selbst dem rauhesten Jedi der Atem. Der Austausch. Der Fall in die Nutzlosigkeit. Die Verdammnis. Nicht mehr gebraucht zu werden. Das hat er gemein mit dem allgemeinen Japaner. Des Jedis schlimmster Feind: Der elektrische Jedi.



2. Der Schildbürger
Wennst jetzt fragst, welches Schild, dann sag ich dir keine Ahnung. Aber auch hier wieder. Exzessiv. Wo auch immer man kann. Muss man einen hinstellen. Hauptsache ein Schild hält er hoch. Nicht dass man da ein normales Schild so mit mobilem Sockel oder so... Neeeein. Dann hätt ja der Schildträger nix zu tun. Außerdem kann ein Betonsockel auch nicht so schön nervtötend schrein. Und sowieso ja Beton eh gefährlich hier im Land. Des wächst sich viel zu schnell fest. Aber so ein menschliches Schild ist schon eine wunderbare Sach. Des kannst du hin- und herschieben wie du magst.









Diese junge Mann hat das allerdings noch ein bisserl falsch verstanden. Da fehlt noch die Berufsethik. Wenigstens ein Schild, dass ich auch mal lesen konnt:



Das sieht ja schonmal interessant aus. Aber das reicht auch net um einen zum Zombie zu machen oder?
Naja, ganz ehrlich. Die Jungs, die diese Jobs machen. Auf jeden Fall bereits hochgradig verseucht. Ich geh ja immer in großem Bogen rum. Obwohl immer sehr freundlich. Alle. Aber ich hab Angst. Das mach ich nicht mit. Vielleicht beisst ja doch mal einer. Und ganz ehrlich. Alles ist das sicher noch net. Ich weiß schon noch ein paar Sachen. Die da auch einspielen. Aber weißt was. Das erzähl ich euch net alles auf einmal. Jetzt wo mir endlich mal was haben, wo wir drüber reden können. So von Ich zu Euch. Ganz privat.

Na was willst denn dann erzählen heute noch? Kann doch noch net Schluß sein?
Ich hab mir des für heute so gedacht. Erst erzähl ich euch von den nutzlosesten Zombies die unter der japanischen Sonne brutzeln. Und dann nochmal vom genauen Gegenteil. Beziehungsweise, dass, was ich als absolut lebensintensivstes hier in Japan erlebt hab. Die Berge.
Jetz momeeeent. Sagt Ihr natürlich, da hast ja schon sooo viel erzählt. Immer diese Berge. Dann sag ich Euch. Nur der Neid in Euch. Und den normalen Wahnsinn der japanischen Stadt den kennt doch eh ein jeder. Habts in Filmen und im Fernsehen und auf Fotos sowieso alles schon mal gesehen. Aber wer hat denn schonmal irgendwas über die japanischen Berge gehört? Da muss man ganz Ohr sein, weil da erzählt dir sonst keiner davon. Deswegen spitzt die Ohren und lasst Euch die letzte Geschicht vom Berg erzählen. Denn es wird eh die letzte sein, für diese Zeit. Denn der Sommer ist auch hier vorbei. Und langsam wirds kalt. Is nix mehr mit wandern.

Also gut. Schick ihn raus den Berg. Welcher wars diesesmal?
Die Südalpen warens noch einmal. Weil als anständiger Pseudo-Bergsteiger, muss man natürlich auf das höchste hinauf steigen, was das Land zu bieten hat. Und Nr. 2 und 4. waren dann eben in den Südalpen herumgelegen. Und ich muss dir schon sagen. Ich bin froh, dass ich noch mal hin bin. In die Südalpen Japans. Weil sonst wär ich ja bis heute der Meinung, dass der höchste Berg Japans, der Fuji (Nr.1), nur ein Gerücht ist. So ein bisschen wie Bielefeld. Obwohl ich ja selber drauf war auch schon auf dem Fuji. Aber das Erlebnis damals wie im Rausch. Oder auf Drogen. Hast ja vielleicht gelesen den Bericht von mir. Eben wie Bielefeld. Das gibts ja auch nicht. Sagt ja zumindest das Internetz.
(für alle die nicht wissen was ich meine: http://bv.bytos.de/)
Jedenfalls. Kitadake mit 3193 und Ainodake mit 3189 waren angesagt. Drei Tage oben rüber. Und man hatte uns ja schon gesagt. Schön ist es. Aber deutlich abgelegener.







Jetzt aber nicht, dass Ihr von so ein bisserl verwahrlostem Schild denkts, dass es keine Japaner gegeben hätte. Natürlich. Gewuselt hatts. War ja schließlich auch verlängertes Wochenende. Da ziehts ihn hinauf. Den Japaner. Wobei man sagen muss. Unter 50 scheint mir keiner raus zu dürfen. Da hat er dann doch den Arm drauf der Invader. Erst wenn 100% Zombie. Sozusagen Grundausbildung. Das dauert ein paar Jahr.
Und man braucht ja auch das Geld von 50 Jahren harter Arbeit um sich jedes erdenklich Ausrüstungsstück für den Gipfelsturm kaufen zu können. Ausgestattet sind die hier alle, wie aufm Mount Everest. Wobei von den Japanern hatt man am ersten Gipfel erstmal gar nix gesehen. Genausowenig wie vom Fuji. Ich hatte ja schon wieder Bielefeld im Sinn... soviel Nebel kann kein Zufall sein.





Aber den Fuji habt ihr dann doch noch gesehen?
Jaaa. Sehr schön. Wir (also der Nachbar und ich) sind ja deppad wie wir sind. Um 4.10 hat der Wecker geklingelt. Und wie wir uns dann endlich rausgewutzelt haben aus dem Schlafsack und in den eisigen Wind die Nasen rausgesteckt haben. Da haben wir ihn dann doch gesehen. Den Fuji. Wobei ich sags auch gleich dazu. Sowas von übertrieben kitschig und mit verrückten Lichteffekten, des kann sich nur ein Japaner einfallen lassen. Eben halt komplett sowas von unecht. Und dann immer des verdächtige Nebelgeschwadere um den Fuji herum. Da kam gleich wieder der Gedanke an Bielefeld. Vielleicht hat uns ja jemand Narkotika in die Pasta gekippt. Und vielleicht gibts ihn ja doch net den Fuji. Oder was meint Ihr?










Jetzt nicht, dass Ihr denkt. Es hätt da oben nur den Fuji gegeben. Neinnein. Auch der Rest der Berge ist schon schön. Und wenn Ihr hart im Nehmen seid. Und furchtlos wie Jedi Ritter. Und standhaft wie Schildbürger. Dann schafft Ihrs vielleicht ja auch einmal. Hinauf. In die japanischen Alpen.















Und natürlich wie immer obligatorisch - das Betonwunder in den Bergen... immer wieder schön... und ohne gehts einfach nicht. Diesmal wars ein Staudamm.



Sieht schon gut aus. Aber des mit dem Essen glaub ich würd ich da nicht vertragen. Wenn ich da des von den Fertig-Cup-Noodels für drei Tage gelesen hab?
Ha. Ein guter Punkt. Aber sag nochmal einer man könnte aus Fehlern nicht lernen. Deswegen. Auch in Japan. Kann man Brot backen. So man denn einen Backofen hat. Und einen Sauerteig. Und wenn man sich dann Notrationen an Käse und Fleisch von netten Freunden am Zoll vorbeischmuggeln lässt, dann lässt sichs sogar in den Bergen ordentlich Essen.... Nur aufpassen musst wie ein Luchs. Sonst kommt der Japaner, lässt seine Cupnoodels liegen und stehen, fallen und sinken und kommt zu dir. Angelockt vom Geruch. Und dann kanns auch schon mal gefährlich werden. Man hat ja einiges gehört von diesen Samurai. Net wahr.





Wir haben uns einfach in den Onsen geflüchtet. Denn nackt, im heißen, schwefelhaltigen Gewässer, da sieht man jedem Samurai sei Schwert gleich... und nix besseres gibts am Ende einer langen Wanderung seine Beine und Zehen wohlig ins heiße Wasser zu strecken. Da kann man sogar mal für eine Sekunde die bohrenden Blicke um einen herum vergessen.



Und was gibts Kurioses so heute? Ich denk mal du bist fertig mit Gott, der Welt, den Bergen, bzw. deiner heutigen Geschichte?
Heute im Angebot: Ein japanisches Hirschgulasch (was man mit Sojasoße net so alles versauen kann - auch wenns hübsch ausschaut), ein dicker Spendenmann auf dem Berg, Automaten für alles Erdenkliche, und auch Unerdenkliches, ein grandioses deutschsprachiges Shirt, mal wieder, und meine neuen Puschen. Nicht.












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